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Wenn Cannabis in alten Ritualen auftaucht
Der Spätherbst ist in vielen Kulturen eine Zeit der Rückbesinnung und der Verbindung zu den Ahnen. In diesem Kontext ist es spannend zu erforschen, welche Rolle Cannabis in alten Bestattungs- und spirituellen Praktiken gespielt haben könnte.
Die historischen Quellen sind begrenzt, doch mehrere archäologische Entdeckungen liefern Hinweise auf eine mögliche rituelle Nutzung der Pflanze.
Eine überraschende Opfergabe in Frankreich
2015 entdeckten Archäologen bei Ausgrabungen in Cébazat (Puy-de-Dôme) ein Gefäß mit Cannabisspuren in einem Grab. Es enthielt ursprünglich eine Mischung aus Wein und Harz von Nadelbäumen — eine damals übliche Methode, Getränke zu aromatisieren und haltbar zu machen — angereichert mit Cannabis.
Das Grab, datiert auf das 2. Jahrhundert v. Chr., gehörte einem Mann zwischen 40 und 60 Jahren. Obwohl seine Identität unbekannt bleibt, deuten Inschriften auf dem Gefäß auf eine bedeutende gesellschaftliche Stellung hin. Die Verbindung von Wein und Cannabis in einem funerären Kontext weist klar auf eine rituelle Verwendung hin.
Ein „pflanzliches Leichentuch“ in Zentralasien
2016 entdeckten Archäologen in der Region Turpan im Nordwesten Chinas mehrere Gräber, die 2.400 bis 2.800 Jahre alt sind. In einem dieser Gräber lagen dreizehn vollständige Cannabispflanzen diagonal über dem Körper eines Mannes.
Diese besondere Anordnung — wie ein symbolisches Leichentuch — ist einzigartig. Die Gräber gehörten zur Subeixi-Kultur, die an einem früheren Knotenpunkt der Seidenstraße lag. Cannabis könnte daher weit gereist sein und eine bedeutendere kulturelle Rolle gespielt haben, als bisher angenommen.
Fumigation-Spuren in alten Räuchergefäßen
Eine in Science Advances veröffentlichte Studie analysierte Räuchergefäße aus den Höhenfriedhöfen von Jirzankal in Zentralasien. Die Rückstände in diesen Gefäßen wiesen hohe THC-Werte auf.
Unklar ist, ob diese Bevölkerungen bewusst potentere Pflanzen anbauten oder gezielt besonders starke Wildsorten auswählten. Die Höhenlage könnte höhere THC-Werte begünstigt haben, da die Pflanze Cannabinoide bildet, um sich vor UV-Strahlung zu schützen.
Viele Forscher vermuten, dass diese Fumigationen dazu dienten, veränderte Bewusstseinszustände zu erzeugen — möglicherweise im Rahmen spiritueller Rituale oder Bestattungszeremonien.
Zwischen Symbolik, Spiritualität und Hypothesen
Bis heute gibt es keine absolute Gewissheit darüber, welche Rolle Cannabis in alten Bestattungsriten spielte. Doch archäologische Funde eröffnen mehrere mögliche Interpretationen: die Begleitung des Verstorbenen, die Förderung spiritueller Kommunikation oder die Nutzung als heilige Opfergabe.
Vielleicht galt der Rauch als Brücke zwischen den Welten. Vielleicht war die Pflanze einfach ein wertvolles Gut des Alltags, das selbstverständlich in Rituale integriert wurde. Das Geheimnis bleibt — doch jede Entdeckung bringt mehr Licht in die lange Geschichte des Cannabis.
Eine Vergangenheit, die teilweise im Schatten liegt
Die archäologische Forschung schreitet voran, und neue Funde könnten eines Tages die genaue Bedeutung von Cannabis in alten Bestattungspraktiken klären. Bis dahin erinnern uns diese Hinweise daran, dass Cannabis seit Jahrtausenden nicht nur ein Nutzstoff, sondern auch ein spirituelles und symbolisches Element vieler Kulturen war.
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